Von der Schulbegleitung zur Klassenassistenz

Hier ein Interview mit mir von Katja Efinger – gemeinsam inklusiv.

Blick zurück nach vorn: Wie aus Schulbegleitung Klassenassistenz wurde

Oder: Von der Waldhofschule Templin zur Ganztagsgrundschule
Am Lerchenberg Wesendorf

Im Jahre 2006 in der Waldhofschule in Templin. Damals sprach man noch von Integration. Eine integrative Grundschule, entwickelt aus einer „Förderschule für geistig Behinderte“ (so lautete Anfang unseres Jahrtausends tatsächlich noch die offizielle Bezeichnung!). In jeder Klasse waren 50 % der Schüler*innen mit einem diagnostizierten sonderpädagogischen Förderbedarf. In einigen Klassen gab es für Schüler*innen mit besonderem Unterstützungsbedarf „Integrationshelfer“, wie sie damals an der Waldhofschule genannt wurden. Manchmal einer, manchmal auch zwei in einer Klasse, in manchen Klassen keiner.

Eine Erleichterung für die Lehrkräfte, die sich damit nicht darum kümmern mussten, wenn ein Schüler im Rollstuhl auf die Toilette musste, umgesetzt werden musste. Oder eine sehr unruhige Schülerin durch enge Anbindung an eine Person beruhigt werden konnte. Die Integrationshelfer*innen waren durch freie Träger eingestellt und individuell für bestimmte an die Schule delegiert.

Auslöser für die Veränderung war eine Unterrichtssituation: In der Klasse 4b arbeiten die Kinder in fünf Tischgruppen miteinander und sehr engagiert über Leonardo da Vinci… ein Stimmengewirr schwirrt über der Klasse. Im Hintergrund in einer Ecke sitzt der Integrationshelfer für einen Schüler im Rollstuhl. Er ist eigentlich nur gefordert, wenn der Schüler vor dem Unterricht aus seinem Rolli auf seinen Spezialstuhl gesetzt werden muss, am Unterrichtsende das umgekehrte Procedere. Oder wenn ein Toilettengang anstand. In der übrigen Zeit wartete er auf seinen Einsatz, in der Regel las er.

Plötzlich brüllt er aus seiner Ecke: „Ruhe. Hier ist Unterricht! Man kann hier ja nicht mal in Ruhe lesen!“ Die Lehrerin verbittet sich die Einmischung und beschwert sich bei der Schulleitung. Die Schulleitung will den Vorfall mit dem Integrationshelfer besprechen und der antwortet nur: „Sie haben mir gar nichts zu sagen. Das DRK ist mein Anstellungsträger!“

Dieser Vorfall führte dazu, intensiv über die Rollen und Aufgaben der Integrationshelfer nachzudenken. Besonders die individuelle Fixierung auf einzelne Personen wurde problematisch gesehen, eigentlich Integration verhindernd. Sehr viel effektiver wäre eine Klassenassistenz, die sich nicht auf ein Kind konzentriert, sondern als Assistenz für alle da ist. Es wurde durchgerechnet: Wie viele Schüler*innen hätten einen rechtlichen Anspruch auf „Teilhabeunterstützung“. Es war mindestens ein Kind pro Klasse. Verhandlungen mit dem Landkreis. Vereinbarung: Ein Integrationshelfer als Klassenassistenz pro Klasse. Dafür Verzicht der Eltern auf weitere, individuelle Beantragungen.

Inzwischen gibt es viele weitere Schulen, die das Modell Klassenassistenz sehr erfolgreich praktizieren, unter anderem an der Grundschule Wesendorf, Landkreis Gifhorn. Dort wissenschaftlich begleitet. Der Bericht darüber wird in Kürze erscheinen.


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