Nachdenkliche Weihnachtsgedanken 2014

„Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.“
Aus: Heinrich Heine, Ein Wintermärchen

Wieder geht ein Jahr mit vielen ermutigenden, manchmal auch spannungsgeladenen Begegnungen zuende. Dankbar denke ich an alles, was ich von Euch und Ihnen lernen konnte. So viele sind engagiert und beteiligt, das gemeinsame Lernen in den Schulen zu gestalten und jedem Kind die optimalen Lern- und Entwicklungsbedingungen zu schaffen. Auch in vielen Kommunen, in der Gesellschaft beginnt ein Prozess, der darauf ausgerichtet ist, die Teilhabe aller an einem erfüllten Leben zu sichern. Angemessene Vorkehrungen helfen, dass Barrieren nicht zu Behinderungen führen. Gemeinsames Lernen und Leben in Vielfalt und ohne Diskriminierungen. Ja, viele von Euch sind in diesem Prozess sehr engagiert. Das tut gut!

Und trotzdem wird mir kalt. Manchmal eiskalt. Es wird wieder einmal Winter in Deutschland – nicht von den Temperaturen her, die sind eher frühlingshaft. Kein Wintermärchen, sondern eine
Eiszeit,
… in der gedankenlose Strohfeuer in Dresden, Rostock und viel zu vielen anderen Orten entzündet werden…
… in der gewaltige Worthülsen die eigenen Unfähigkeiten im Umgang mit Kritik zu übertönen versuchen…
… in der militärische Großmannssucht die Hilflosigkeit der Verständigung suchenden Diplomatie überlagert…
… in der immer neue Strukturreformen im Bereich der schulischen Bildung engagierte Lehrerinnen und Lehrer an den Rand des Zusammenbruchs bringen…
… in der es nicht mehr um Menschenrechte geht, sondern das eigene (politische) Überleben das Handeln bestimmt.

Es ist an der Zeit, sich noch einmal an Heinrich Heines Wintermärchen zu erinnern. In seiner bissig-satirischen Kritik macht er deutlich: Es ist genug „Brot“, „Schönheit und Lust“ für alle da. Oder wie ich es als Theologe sagen möchte: Es gibt den „glimmenden Docht“, der neben den auflodernden, schnellverzehrenden Feuersbrünsten so leicht übersehen wird. Und es gibt die damit verbundene Hoffnung, die mit dem Kommen Christi verbunden ist und an der wir uns als Christen orientieren können:

„Seht, das ist mein Knecht,… er bringt den Völkern das Recht.
Er schreit nicht und lärmt nicht und lässt seine Stimme nicht auf der Straße erschallen.
Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den glimmenden Docht löscht er nicht aus;
ja, er bringt wirklich das Recht.
Er wird nicht müde und bricht nicht zusammen, bis er auf der Erde das Recht begründet hat.“
Jesaja 42,1ff

Für die nächsten Tage des Feierns, des Zusammenseins mit Familie und Freunden wünsche ich Euch und Ihnen, dass die glimmenden Dochte der Kerzen an den Sinn des Lebens erinnern. Und wer alleine ist, dem wünsche ich den Mut, auf andere zuzugehen.

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